Lange bevor die digitale Perfektionierung Einzug in die Fotografie fand, hat mich als Fotograf der Zufall im kreativen Prozess fasziniert.
Dazu habe ich bereits in den 1990er Jahren mit der HOLGA experimentiert – einer billigen Plastikkamera »Made in Hongkong« mit zahlreichen technischen Unzulänglichkeiten. So ist das Gehäuse nicht lichtdicht, Einstellungen wie Blende und Verschlusszeit sind nahezu willkürlich und das unvergütete Objektiv sorgt für Helligkeitsabfall, Unschärfen und Verzerrungen. Die Belichtungsergebnisse sind also vom Zufall bestimmt, kaum steuerbar und liegen erst vor, wenn der Rollfilm – 6 x 6 Mittelformat – im Labor entwickelt wurde.
Dieser Zufall erschafft eine eigentümliche Dualität im kreativen Prozess, der sich wie ein Dialog zwischen Fotograf und Werkzeug darstellt. Einerseits mein Konzept, geeignete Motive zu finden, ein Sujet zu erahnen, andererseits die unkontrollierbaren Effekte technischer Mängel (mal mehr, mal weniger, aber immer), auf die ich wieder eingehe, indem ich jedes Motiv Mehrfach fotografiere , in der Hoffnung, später etwas Wunderbares zu erblicken. So entstehen bei jedem Schuss verschiedene Effekte, die meine Motivkompositionen entweder glücklich betonen oder aber unwiderruflich zerstören.
Dieser Effekt wurde Jahre später als »Holga-Look«, von digitalen Filtern nachgeahmt, weltweit populär; auch Zusatzlinsen für moderne SLR-Kameras sind erhältlich, die eine ähnliche Ästhetik vermitteln sollen.
Echte Holga-Fotos hingegen sind unberechenbar. Das macht sie in Zeiten digitaler Kameras, perfektionierter Bildaufnahmetechnik, automatischen Korrigieren und Filtern der Bilddateien und erschaffen der ganzen Bilder durch Künstliche Intelligenz deutlich wertvoller dank ihre Einzigartigkeit und mein Kreativprozess umso spannender.
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